Kategorie: Allgemein

Links am Freitag: Georg Klein, Delphine, Hong Kong, Görlitz

Illustration/Kunst: Mirim Seo hat eine Geschichte gezeichnet: Special Sashimi is about the slaughter of dolphins in Japan. The story topicted in this book is true. Wunderschön und schrecklich zugleich.

Literatur: Es ist immer ein Gewinn, etwas von Georg Klein zu lesen. Auch wenn es ein zehn Jahre altes Interview ist, über das man zufällig stolpert. Man erfährt einiges darüber, wie man Romane konstruiert und was Literatur anrichten kann. Beim Schreiber und beim Leser.

Geräusche: radio aporee sammelt Field Recordings und stellt die Orte auf einer Landkarte dar. Ein wunderbarer Zeitfresser, absolut faszinierend. (Beim Herrn Sakana aus den Kommentaren gefischt. Seite benötigt Flash.)

Fotografie: Fan Ho – Hong Kong Memoirs

Reise: Die Washington Post schreibt über Görlitz. Das finde ich nun bemerkenswert, aus Gründen.

Hihi: Sarah Johnson – Happy Batman Day

amazon.de verkauft weiterhin antisemitische Literatur von Holocaustleugnern

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Nehmen wir einmal an, bei Ihrem Lieblingsbuchhändler würden Sie plötzlich merkwürdige Dinge im Regal entdecken. Revisionistische Literatur, antisemitische Verschwörungstheorien, verklärende Erinnerungen von SS-Offizieren, Bücher, in denen der Holocaust bestritten wird. Und nicht nur das: Der Händler würde Ihnen ungefragt weitere, ähnliche Bücher empfehlen und ließe dazu andere Kunden zu Wort kommen, die sich überschwänglich äußerten über diese Machwerke.

Was würden Sie tun? Weiterhin dort einkaufen? Oder würden Sie diesem Laden stattdessen final auf die Fußmatte kotzen und ihn künftig nie wieder betreten?

Interessante Frage. Aber kommen wir nun zu etwas ganz anderem. Kommen wir zu Amazon.

Bei Amazon können Sie eine Vielzahl an Büchern des oben genannten Themenspektrums kaufen. Dieser Vorwurf ist nicht neu. Bereits vor fünf Jahren schrieben zahlreiche Medien darüber; die Zeit und das Handelsblatt seien beispielhaft genannt. Damals sah sich Amazon aufgrund des öffentlichen Drucks gezwungen, zumindest die Bücher des NPD-Verlages „Deutsche Stimme“ auszulisten. Echte Lehren schien man jedoch nicht gezogen zu haben, denn im vergangenen Jahr kam das Thema erneut auf (Beispiele: Stern, Ruhrbarone). Amazons Verteidigung beruhte dabei stets auf zwei Argumenten:

  1. „Es gibt eine Nachfrage dafür, die wollen wir befriedigen.“ (O-Ton gemäß Handelsblatt)
  2. Amazon ist „nicht der Anbieter von Produkten, die von Dritten über den Amazon.de Marketplace angeboten werden, sondern stellt dafür lediglich die Plattform zur Verfügung.“ (O-Ton gemäß den Ruhrbaronen)

Das erste Argument mag jeder für sich bewerten. Das zweite Argument ist eine Lüge stammt aus der beliebten Kategorie „Überspezifisches Dementi“: Mag ja sein, dass man den Marketplace nicht vollständig kontrollieren kann. Dort muss man aber gar nicht hingehen, um den Rotz zu finden. Ich möchte das mit einigen Beispielen verdeutlichen, die eben nicht aus dem Marketplace stammen, sondern durchweg aus dem Amazon-eigenen Sortiment. Im Klartext: Nicht ominöse „Dritte“ sind es, die diese Bücher anbieten, sondern Amazon selbst. Und zwar, um genau zu sein, amazon.de. Die Screenshots stammen vom 9. und 10. Juli 2014; ein Klick auf die Vorschaubilder vergrößert sie.

Los geht’s:

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Der Autor dieses Buches ist ein rechtskräftig verurteilter Holocaustleugner (Quelle), das Buch erscheint im Eigenverlag (Quelle). Es ist nicht das einzige Buch dieses Verlages, das Amazon in seinem Sortiment führt. Und niemand soll bitte angesichts der Titel sagen, dass man ja nicht ahnen könne, was sich dahinter verbirgt:

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Wie man erkennt, sind alle Bücher lagernd verfügbar. Dieses hier zum Beispiel auch:

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Und weiter:

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Dieser Autor ist ein ehemaliger NS-Funktionär, über den Wikipedia schreibt, dass seine Publikationen „durchzogen [sind] vom Antisemitismus völkisch-nationalistischer Propaganda, der Weißwäsche von Wehrmacht und Waffen-SS sowie anderer NS-Organisationen. [Sie] bilden auch heute noch einen festen Bezugspunkt für Rechtsextremisten.“ Der Verlag wurde vom ehemaligen stellvertretenden Reichspressechef der NSDAP gegründet; die übergeordnete Verlagsgesellschaft wird vom Verfassungsschutz „als einer der bundesweit größten und wichtigsten organisationsunabhängigen rechtsextremistisch geprägten Verlage“ bezeichnet, ihr Geschäftsführer wurde wegen Volksverhetzung verurteilt (Quelle). Für Amazon kein Grund, die Werke dieses Verlages nicht im Sortiment zu führen:

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Reicht es schon? Oh nein:

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Auch dieser Autor hat sich als Holocaustleugner hervorgetan (Quelle). Eines seiner Bücher wurde von der BPjM indiziert, was Amazon allerdings nicht davon abhält, dem Autor weiter Umsätze zu bescheren. Da ist sogar der Nazi überrascht:

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Und er irrt, denn natürlich siegt die „Gier der Kapitalisten“ über das, war er „politische Zensur“ nennt: Amazon hat den nicht verfügbaren Artikel offenbar flugs nachbestellt.

War es das? Noch lange nicht. Ein weiteres Beispiel:

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Zur Abwechslung mal ein Autor aus der katholischen Fundamentalistenszene (Quelle). Welcher ethnoreligiösen Gruppe die angeblichen Satanisten überwiegend angehören – ich glaube, da kommen Sie selbst drauf. Und die Tatsache, dass dieses Buch in Frankreich als antisemitisch indiziert ist, hindert Amazon noch lange nicht daran, es als eBook in seine Kindle Edition aufzunehmen.

„Nur noch 1 auf Lager (mehr ist unterwegs).“

Um es noch einmal klar zu sagen: Wir reden hier nicht über ein paar wirre Verschwörungstheoretiker, die man der Vielfalt wegen im Sortiment hat. Wir reden auch nicht über den Marketplace, für den Amazon nur die Abwicklungsplattform bietet und auf dem schon mal was durchflutschen kann. Und wir reden nicht über Amazon US, bei denen die Toleranz gegenüber Inhalten, die hierzulande wenigstens unter Strafbarkeitsverdacht stehen, erfahrungsgemäß größer ist.

Nein, wir reden davon, dass Amazon Deutschland selbst und auf eigene Rechnung antisemitische und den Holocaust leugnende Bücher verkauft. Die oben gezeigten Exemplare sind lediglich Beispiele. Amazon selbst bezieht diese Bücher und ordert bei entsprechender Nachfrage auch gerne nach. Amazon selbst legt die Bücher in sein eigenes Lager. Amazon selbst packt sie ins Paket und macht, wenn der Kunde es wünscht, auch noch eine schicke Schleife darum und legt eine Grußkarte bei. Und wenn es arg pressiert, sorgt Amazon selbst dafür, dass das Buch per Express geliefert wird.

Über eine mögliche Strafbarkeit solchen Tuns möchte ich nicht spekulieren. Ich bin juristischer Laie und weiß nicht, ob die Verbreitung derartiger Machwerke erlaubt ist. Ich weiß auch nicht, ob die Forenhaftung für Amazon-Kundenrezensionen greift. Das ist mir auch relativ egal. Unabhängig von juristischen Fragen habe ich mit Blick auf mein künftiges Kaufverhalten jedoch ein ganz persönliches Fazit gezogen.

Und ich wünschte, Sie würden das auch tun.

Tabuthema Ressourcenknappheit

Hmmm, diese leckeren belegten Brötchen, die allmorgendlich in den Kantinen und Bistros dieser Republik auf uns warten. So reichhaltig und üppig belegt, dass die Salatblätter schon an den Seiten herausquellen. Verlockend, oder?

Aber haben Sie diese kleinen Köstlichkeiten schon einmal aufgeklappt?

Sehen Sie, ich habe es getan.

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