Ich muss aufpassen, dass mein Blog keine reines Uhrenblog wird. Aber diesen Flohmarktfund möchte ich doch kurz zeigen.
Es ist nämlich so, dass man als Vintagesammler mit ein bisschen Erfahrung glaubt, den Hersteller eines Uhrwerks am Aufzugsgeräusch zu erkennen. Dann steht man am Flohmarktstand mit einem vielversprechenden Objekt in der Hand und dreht an der Krone und schüttelt die Uhr am Ohr und oft landet man tatsächlich einen Treffer, wie man zuhause nach dem Öffnen der Uhr merkt. Hier war es anders: Der Handaufzug (und der Ziffernblattaufdruck) ließen ein PUW vermuten, es fehlte allerdings das typische *sirrrr* des Rotors. Aber die Uhr lief und ließ trotz erheblicher optischer Mängel Potential erkennen. Also wanderte sie nach einem kurzem Preisgespräch, bei dem der Verkäufer mehrfach einen Herzinfarkt simulierte, in meine Tasche.
Zuhause war das Werk schnell identifiziert (ein PUW 1561, wie vermutet) und die Ursache des fehlenden Rotorgeräusches ebenso schnell gefunden: Es war der gesamte Rotor, der fehlte, denn jemand hatte ihn sorgfältig entfernt. Das war zunächst ärgerlich, aber dank eines über die Jahre gewachsenen Ersatzteilbestandes schnell behoben. Jetzt sirrrrrrt das Werk wieder zuverlässig.
Die äußerlichen Mängel waren nichts Ungewöhnliches: Eine stark abgenutzte Krone, ein Riss im Plexi, wodurch Staub und Dreck auf das Ziffernblatt gelangt waren und eine generelle Krustenbildung in allen Ecken. Also folgte das übliche Programm: Werk ausschalen, Gehäuse bürsten und polieren, Plexi und Krone wechseln, das Ziffernblatt mit Spucke und Rodico behandeln und nach dem Zusammenbau noch ein schickes Band montieren.
Zutage tritt ein echtes Schmuckstück mit Sonnenschliff auf der Gehäuseoberseite, eleganten Stäbchenindizes und einem markanten roten Sekundenzeiger. Bemerkenswert ist vor allem das silberfarbene Ziffernblatt mit seinem bogenförmigen Schliff, das der Uhr in Verbindung mit dem gewölbten Plexi bei gewissen Lichtverhältnissen eine fast bullaugenartige Tiefe verleiht, die auf Fotos kaum einzufangen ist. Handlungsbedarf gibt es noch beim Minutenzeiger, aus dem der schwarze Lack größtenteils herausgebröselt ist, was ich irgendwann mal mit Auto-Tupflack ausbessern werde oder auch nicht – auf den Bildern wirkt es viel dramatischer als es tatsächlich ist.
Und der Hersteller der Uhr? Hier wird es schwierig. „German Made“ sei sie, steht auf dem Ziffernblatt. Die Firma Kienzle hatte eine Superia-Reihe für ihre höherwertigen Uhren aufgelegt; allerdings findet man dort stets beide Bezeichnungen, also Kienzle und Superia, auf dem Ziffernblatt und auch die Typographie ist eine andere. Die eine oder andere Superia, typischerweise aus den Siebzigern, findet man gelegentlich auf Ebay, ohne nähere Informationen. Es bleibt also ein Rätsel.
20. Januar 2014 — 05:40
Schon wieder schwer beeindruckt. (Aber wenn Sie so weitermachen, bilde ich mir irgendwann ein, das könnte ich auch.)
20. Januar 2014 — 06:55
Ääähm, warum tut denn jemand sowas? Aus Abneigung gegenüber Automatikuhren?
20. Januar 2014 — 09:36
Toll, wie immer. Klasse Uhr, klasse Bilder!
Gruß,
Andreas
26. Januar 2014 — 16:08
Danke euch für den freundlichen Zuspruch. Dann werde ich bei Gelegenheit mal weitermachen.
27. Januar 2014 — 10:23
Ich bin beeindruckt. Schon weil ich, familiär geprägt, ein Faible für die kleine Werkstatt habe. Von Uhren habe ich, wie von den meisten Dingen, wenig Ahnung. Aber könnte es sich um eine Sonderauflage für z.B. Versandhäuser gehandelt haben, bei der dann der Markenname fehlte?
12. Dezember 2017 — 06:27
Toller Eintrag, bin ebenfalls schwer beeindruckt!
18. Februar 2019 — 23:03
Yengo el mismo, heredado de mi abuelo , y es precioso . Pero le falta la manilla para ponerlo en hora. Es toda una joya